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Strukturfarben

in Farbzellen 05.12.2012 13:24
von franzpeter | 17.403 Beiträge

Strukturfarben

Warum sind blaue Fische blau?

Auszug aus Tierische Biochrome und strukturelle Farben, Denis L. Fox Copyright C 1976 by the Regents of the University of California ISBN: 0-520-02347-1 Library of Congress Vatalog Card Number: 72-89801 Printed in the United States of America

(Auszug, Übersetzung: Peter Schaffarth)




TYNDALL-STREUUNG UND BRECHUNGSFARBEN


In allen Fällen, und mit allen Substanzen, ist die am Beginn gebildete Wolke, wenn die ausgefällten Teilchen genügend fein sind, blau und es kann eine Farbe entstehen, die mit dem reinsten italienischen Himmels konkurrieren kann. In allen Fällen polarisiert diese feine blaue Wolke fehlerlos den sie erhellenden Strahl; die Richtung der Polarisierung umschließt einen Winkel von 90°, mit dem erhellenden Strahl als Achse.(J. TYNDALL, 1869, S. 385) Die Idee, dass die Farbe des Himmels abhängig ist von fein verteilter Materie, die Atmosphäre also ein trübes Medium darstellt, durch das wir in die Dunkelheit des Weltraums schauen, kann bis zu Leonardo da Vinci zurückverfolgt werden. Newton stellte sich die Farbe als aus kleinen Wasserpartikeln bestehend vor, die wie dünne Platten reagieren. Goethes Versuche in Verbindung mit diesem Problem sind wohlbekannt und äußerst lehrreich. Eine sehr auffallende Beobachtung von Goethe, die von Malern 'Kältetechnik' genannt wird, geht zweifellos auf äußerst feine Glanz-Partikel zwischen Auge und dunklem Hintergrund zurück. Clausius... bemüht sich, die Farben des Himmels mit verteilten Wasserbläschen zu verbinden.... Auf Brücke`s Experimente mit ausgefällter `Mastic` habe ich in meiner letzten Zusammenfassung hingewiesen. Helmholz hat das Blau der Augen feinverteilten Partikeln zugeschrieben. In einem vor beinah neun Jahren selbst verfaßten Artikel, wurden die Farben des Torf-Rauches der Häuschen von Killarney und die Farben des Himmels einundderselben Ursache zugeschrieben, während ein Kapitel über `Gletscher in den Alpen', veröffentlicht 1860, gleichfalls dieser Frage gewidmet ist. Roscoe... hat auch verschiedene Beispiele für die Entstehung von Farbe durch fein verteilte Teilchen gegeben. (J. TYNDALL, 1869, S. 393)


Brillante blaue Farben kommen bei vielen Spezies von Fischen vor, und diese auffällige Erscheinung beruht darauf, dass Melanophoren, voll mit dunklem Pigmentmelanin, im Integument vorhanden sind, und dass diese Pigmentzellen umgeben, vermischt und besonders mit winzigen Kristallen, oder anderen Ansammlungen von Purinmaterial, überlagert werden, insbesonders mit Guanin. Der Inhalt dieser Guanocyten (auch Guanophoren, Iridocyten, Iridosomen oder Leucophoren genannt) ist von solch geringer Größe, und ihr Brechungsindex unterscheidet sich ausreichend von dem des flüssigen Zellinhalts, um die Streuung und Spiegelung blauen Lichts zu ermöglichen, während durchgehendes Licht von darunterliegendem Melanin absorbiert wird.( siehe Fußnote, S. 27). Ballowitz (1913, 1914 a, b, 19z6) hat sorgfältige und ausgedehnte Studien von den chromatischen Strukturen der Häute von Trachinidae (Trachinus-Vipera), Gobiidae (Gobius-Minutus, G pictus) und dem sea-bass Serranus gemacht. Er stellt im Trachinus eine innige Verbindung zwischen Melanophoren und Iridocyten fest, und bezeichnet die sich ergebenden komplexen Körper als Melaniridosome, in deren zentralem Teil der Zelle sich das gesamte Melanin der Melanophoren zusammenzieht, wobei eine durchsichtige Schicht von Iridocyten zurückbleibt, besonders dorsal, die die dunkle Zelle umgibt. Bei hindurchgehendem Licht betrachtet sind diese Körper im Kern dunkel, und oftmals sind die äußeren Ausstülpungen von einem hellen Halo umgeben; aber unter gespiegeltem Licht zeigt das Guanin, unterlegt mit absorbierendem Melanin, das Blau der Streuung. In Gobies fand Ballowitz, dass die lichtstreuenden Iridocyten sich hofartig über die Melanophoren ausbreiten, wie schon von Sumner & Wells (1933) beim Guppy, Lebistes-Reticulatus (Abb. 6). Ballowitz beschreibt auch das bläuliche Glitzern, entstehend durch Spiegelung an Guanin-Ansammlungen, die beim Serranus direkt über den Melanophoren liegen. Zahlreiche Fische zeigen schwarze Areale aufgrund von Melanin in den oberen Schichten der Haut, blaue Regionen, die aus dem gerade beschriebenen Phänomen entstehen, oder ein sich zeigendes Grün, wenn gelbe karotintragende Zellen (Xanthophoren) über diesen loci liegen. Überdies kann solch ein Fisch brillante, irisierende Farben zeigen, wenn sich der Winkel des Beobachters ändert. Der letztere Aspekt ergibt sich durch Interferenz von Licht an den Oberflächen der dünnen Schuppen selbst, oder durch diese und die dünnen Schichten von Guanin- Teilchen, die nicht so angeordnet oder ausgerichtet sind, dass sie das Blau zeigen. Belonid-Fische und Angehörige der Atherinidae-('silversides-') besitzen eine silbrige blaue Seitenlinie, entlang des gesamten Körpers. In Strongylura-Exilis ist diese blaue Farbe zu sehen, die ihr Aussehen einer substanziellen Schicht von Guanophoren verdankt, welche sich direkt über einer schwarzen Lage von Melanophoren befindet. Wie in anderen erwähnten Strukturen, ist der unterteilte silbrig blaue Streifen bei durchgehendem Licht dunkel, blau bei Spiegelung, und zeigt eine bemerkenswerte Irisierung bei wechselnden Winkeln, oder unter dem Mikroskop betrachtet Eine interessante Bedingung wurde in dem marineblauen Goldfisch Garibaldi (Hypsypops-Rubicunda) gefunden, der in den Gewässern von La Jolla vorkommt. Dieser Fisch besitzt in seiner Jugend viele brillante spiegelnde blaue Stellen und Flecken. Er durchläuft eine unauffällige farblose Phase, wenn er halberwachsen ist,


und zeigt im Erwachsenenalter eine schöne gelborange Farbe, auf Grund der Anwesenheit eines xanthophyllischen Karotins in der Haut, vermutlich Taraxanthin (Fuchs, 1936 a; Kritzler-et-al. 1950), oder wahrscheinlicher Tunaxanthin (Crozier & Wilkie, 1966). Die Erwachsenen zeigen nur Spuren ihrer jugendlichen klaren blauen Farbe, welche dann auf die Spitzen oder äußeren Ränder einiger Flossen beschränkt ist. Bei der Untersuchung von solch einem Bruchstück blauer Haut von der Spitze einer Beckenflosse, wurde entdeckt, dass Iridocyten, gefüllt mit ihren farblosen Ablagerungen, tatsächlich eine äußere epitheliale Schicht bildeten. Wo die darunter liegenden Gewebe kein Melanin enthielten, zeigten die Iridocyten keine Farbe, wie unter dem Mikroskop festgestellt wurde, aber dort, wo Melanophoren darunter liegen, entdecken wir das brillante Blau gespiegelten Lichts, und dunkle Farben bei durchgehenden Strahlen. Der brillante, glänzende Charakter der blauen Areale in den jungen Individuen läßt vermuten, dass die Schicht farbloser, obenaufliegender Iridocyten ohne Zweifel eine Interferenzwirkung auf das einfallende Licht ausübt, sowie ebenso seine Streuung bewirkt.* Zahlreiche andere Fische zeigen das Blau der Streuung und der Interferenz und gehorchen den oben umrissenen Prinzipien. Ein paar repräsentative Spezies vom Pazifischen Ozean, vor der Küste von Süd-Kalifornien, sind: der Regenbogenbarsch, Hypsurus-Caryi, blaue Streifen und Flecken auf Bauch und Kopf; der Palometa, Trachinotus kennedyi, der blaue Areale auf der Haut und dem dorsalen Bereich seines Kopfes, Körpers und Schwanzes besitzt; ähnliches gilt für den( jack smelt), Atherinopsis californiensis, den Albacore, Germo alalunga, und die Blau- und Gelbflossen Thunfische, Thunnus saliens und Neothunnuns catalinae. Der sogenannte (green fish), Girella migricans, ist mit seiner stumpfen grünen Haut ein Beispiel für eine Farbe, die durch die gleichzeitige Spiegelung gestreuter blauer Strahlen und von gelbem Licht, welches durch karotinhaltige Xanthophoren zustande kommt. Das von Mitgliedern der Reptilienklasse gezeigte Tyndall-Blau scheint, im Ganzen gesehen, weniger durch andere Struktureffekte modifiziert zu werden und undurchsichtiger zu sein, als vergleichbare Strukturen bei den Fischen.

Bei den Amphibien finden wir häufiger grüne als blaue Farben, auf Grund des üblicheren Auftretens von gelben sich mit den Guanophoren verbindenden Pigmenten. Aber in allen drei Klassen beruht die blaue Komponente auf dem gleichen Grundprinzip, die Anwesenheit von weiß-trüben, lichtstreuenden Guanophoren, die sich direkt oberhalb von dunklen lichtabsorbierenden Melanophoren befinden. Die Entdeckung, dass diese intensiv blauen Gebiete, die besonders auffallend bei gewissen Reptilien beobachtet werden, ihre Farbe nicht einem blauen Pigment, sondern allein einer Reihe struktureller Bedingungen verdanken, setzt immer wieder jeden in Erstaunen, der zum ersten Mal ein Stück solchen Integuments untersucht.

Bild 1: Leukophoren

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Mit freundlichen Grüßen
franzpeter
zuletzt bearbeitet 07.06.2023 20:13 | nach oben springen
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