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#1

Frequenzabhängige Selektion:

in Artikel 18.03.2013 10:17
von franzpeter | 17.401 Beiträge

Frequenzabhängige Selektion:
Wenn das Anderssein nicht ausschließt

Patrik Nosil,
Department of Biological Sciences, Simon Fraser University, Burnaby, BC V5A 1S6, Canada
online 18 September 2006.

Zusammenfassung

Eine aktuelle Studie berichtet über frequenzabhängige Überleben in sehr variablen Guppy-Populationen. Fitness Vorteile für seltene Genotypen können zur Erhaltung der Variation innerhalb von Populationen dienen, aber die zugrunde liegenden Mechanismen dieser Vorteile müssen weiter untersucht werden.


Patrik Nosil
Biologen waren schon lange von Systemen fasziniert, die extrem hohe Levels phänotypischer und genotypischer Variation präsentierten extrem, wie Immunsystem Gene, wirtsparthogene Systeme [1] und Farb- Polymorphismen [2,3].
Diese Faszination ergibt sich aus einem klassischen evolutionären Paradox:
gerichtete und stabilisierende Selektionen sind üblich [4] und sollten die Variationen verringern und damit große Vielfalt innerhalb von Populationen ausschließen[5,6].
Aber es gibt eine andere Form der Selektion, welche die Variation erhält - frequenzabhängige Selektion begünstigt [7] .
In ihrer bisherigen experimentellen Feldstudie haben Olendorf et al. [8] frequenzabhängiges Überleben in Guppy Populationen nachgewiesen, welches das Überleben seltener männlicher Phänotypen begünstigt.

Diese neuen Untersuchungen liefern neue Erkenntnisse über die Aufrechterhaltung extremer Variationen männlicher Farbe in einem klassischen Forschungs-System, Trinidad Guppys, und legen nahe, dass frequenzabhängige Variation eine Rolle bei der Lösung des Paradoxons hoher Variation innerhalb von Populationen spielen könnte.
Unter frequenzabhängige Variation hängt die Eignung des Individuums von der relativen Häufigkeit seines Phänotyps ab.
Das Konzept geht auf Darwin zurück [9].
Dieser schrieb, dass ''die unterschiedlichsten Variationen die besten Chancen auf Erfolg haben'', und dies wurde im Laufe des nächsten Jahrhunderts in Theorien für die Erhaltung der genetischen Variation erweitert [7].
Insbesonders tauchte die Idee auf, dass die optische Predation (Bedrohung durch Räuber/Raubfische) frequenzabhängige Variation erzeugen kann, insofern als dass das Beute Risiko mit der relativen Häufigkeit des Beute-Typs steigt [2,3,10].
Ein solcher Prozess kann beispielsweise vorkommen, wenn Raubtiere ein
Such-Bild für gemeinsame Beute ausbilden und dadurch das Risiko einer seltenen Beute verringern [11].
Während dieser frequenzabhängigen Predation, ist Seltenheit nicht unbedingt mit dem Herausragen aus der Menge gleichzusetzen.
Guppys sind ein Modell-System in der Ökologie und Evolutionsbiologie, und sie zeigen vor allem variable männliche Farb-Muster [12-14].
Diese Farb-Muster unterliegen entgegengesetzten Mustern der direktionalen, natürlichen und geschlechtlichen Auswahl, leuchtende Männchen weisen Paarungs- Vorteile auf, unterliegen aber dem größeren Predations-Risiko [12-14].
Zwar gab es frühere Anzeichen für den Vorteil einer Paarung eines seltenen Männchens [14], die Möglichkeit eines seltenen männlichen Überlebensvorteils blieb jedoch bis zu einer aktuellen Studie von Olendorf et al ungetestet [8].
Die Autoren manipulierten die Häufigkeit von Guppy Morphs (Gestalten, Einheiten) in
simulierten Bächen, so dass ein Morph in einigen Replikaten seltener (bei einem Verhältnis von 1:3), in anderen Replikaten jedoch häufiger vorkam(3:1).
In verschiedenen Bächen und Jahren hatte der seltene Phänotyp aufgrund der frequenzabhängigen Selektion einen größeren Überlebensvorteil.
. Wichtig ist hierbei, dass der Vorteil dieses seltenen Phänotyps unabhängig von der tatsächlichen Farbe war (Abb. 1A).
So kann eine extreme Variabilität bei männlichen Farb-Mustern durch Trade-offs (Ausgleich, Abwägung) zwischen gerichteten, natürlichen und geschlechtlichen Selektion, kombiniert mit seltenen männlichen Paarungs- und Überlebensvorteilen, erreicht werden (Abb. 1 B)



(A) Seltene Phänotype haben einen Überlebensvorteil, unabhängig von der Farbe des Morphs.
B) Contrasting Muster der direktionale natürliche und geschlechtliche Zuchtwahl, gepaart mit frequenzabhängigen Auswahl beibehalten Variation innerhalb Guppy Bevölkerung. Die natürliche Selektion begünstigt matter, kryptischer Männer. Sexuelle Selektion begünstigt heller, auffälliger Männer. Frequenz-abhängige Selektion begünstigt je nachdem, welche Phänotypen sind selten.



Wie in den meisten anderen Systemen ist der genaue Mechanismus, der einen Überlebensvorteil für seltene Guppy-Männchen ermöglicht, nach wie vor unbekannt.
Olendorf et al. [8] zufolge gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens, Raubtiere (größere Fische) können
sich ein gemeinsames Beutebild formen. Und zweitens können männliche Guppys ihr Verhalten als Reaktion auf Veränderungen der relativen Morph-Frequenz ändern, mit unterschiedlichen Überlebenschancen, die in irgendeiner Form mit diesen veränderten Verhaltensweisen in Zusammenhang stehen.
Obwohl Prädation die tatsächliche Ursache der Sterblichkeit war, wurde ihre Präsenz nicht manipuliert, so dass andere Faktoren nicht ausgeschlossen werden können.
Künftige Arbeiten sollten sich auf die Aufklärung der Faktoren, die Frequenz zu erforschen, die frequenzabhängige Selektion innerhalb innerhalb von Populationen, nicht nur für die Fälle der Predation, sondern auch für die Konkurrenz innerhalb der Populationen (z. B. [15]). Frequenzabhängige Auswahl wurde ausführlich in einem anderen, jedoch konzeptionell verwandten Zusammenhang untersucht:
Der Divergenz zwischen Populationen.
Wieder war es Darwin [9], der bemerkte, dass die frequenzabhängige Selektion die Populationsdivergenz und Populationsspeziation (Artbildung) antreiben kann:
“Das Prinzip des Vorteils aus der Divergenz von Merkmalen…. wird in der Regel zu den verschiedensten Variationen führen ... und diese werden durch natürliche Selektion erhalten und kumuliert bis eine ausreichende Menge von Variationen gesammelt wurden, um eine gut markierte Vielfalt zu bilden.''
Eine Idee davon ist, dass ähnliche Phänotypen disproportional um Futter- Ressourcen wetteifern und eine frequenzabhängige Selektion generieren, die eine Phänotyp Verteilung aufspalten kann [16,17]. Dieser Prozess unterliegt vielen theoretischen Modellen für adaptive Radiation [17] und Speziation [18], und wurde in den letzten empirischen Studien der adaptiven Radiation entdeckt [17].
Eine neuere Arbeit [19] berichtet darüber, dass Beweise für die beginnende Speziation in einer besonders abweichenden und auffallend bunten Guppyart vorlägen, und die Frage aufwarfen, ob
Frequenzabhängigkeit eine Rolle in ihrer Entwicklung spielte.
Die Parallelen und Gegensätze zwischen den Studien der extremen
Variation innerhalb versus zwischen Populationen sollte eindrucksvolle Einblicke in die Erhaltung und die Erzeugung von biologischen Vielfalt, von Immunsystemen, von Guppys, Regen-Wäldern und Korallenriffen gewähren. Sowohl innerhalb als auch zwischen den Populationen kann frequenzabhängige Selektion kritisch auf die Entwicklung der Variation und Divergenz wirken.
Bisher haben sich die meisten Forscher , welche Variation innerhalb von Populationen studieren, wie Olendorf et al. [8], sich vor allem auf das Überleben und die Predation konzentriert [20].
In starkem Kontrast dazu haben Studien der Divergenz von Populationen untereinanderng hauptsächlich den Wettbewerb um Ressourcen betont.
Zukünftige Studien, die den genauen zugrunde liegenden Mechanismen der frequenzabhängigen Selektion erforschen, sollten zu klären helfen, ob verschiedene selektive Prozesse der Erhaltung der Variation innerhalb von Populationen versus der Divergenz zwischen Populationen unterliegen. Letztlich möchten wir wissen, in welchem Verhältnis die zwei Ebenen der Variation zueinander stehen - kann frequenzabhängiget Selektion, eine Brücke zwischen der Mikroevolution innerhalb von Populationen und der Divergenz zwischen den Arten anbieten?
Wenn ja, könnte eine einheitliche Theorie für die Rolle der frequenzabhängigen Selektion bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Vielfalt auftauchen.


References
1 J.A.M. Borhgans, J.B. Beltman and R.J. De Boer, MHC polymorphism under host-pathogen coevolution, Immunogenetics 55 (2004), pp. 732–739.
2 J.A. Endler, Frequency-dependent predation, crypsis, and aposematic coloration, Phil. Trans. R. Soc. Lond. B 319 (1988), pp. 505–523. View Record in Scopus | Cited By in Scopus (97)
3 B. Clark, Balanced polymorphism and the diversity of sympatric species. In: D. Nichols, Editor, Taxonomy and Geography, Systematics Association, Oxford (1962), pp. 47–70.
4 J.G. Kingsolver, H.E. Hoekstra, J.M. Hoekstra, D. Berrigan, S.N. Vignieri, C.E. Hill, A. Hoang, P. Gibert and P. Beerli, The strength of phenotypic selection in natural populations, Am. Nat. 157 (2001), pp. 245–261. View Record in Scopus | Cited By in Scopus (468)
5 R.A. Fisher, The Genetical Theory of Natural Selection, Claredon press, Oxford (1930).
6 R.C. Lewontin, The interaction of selection and linkage. II. Optimum models, Genetics 50 (1964), pp. 757–782.
7 F.J. Ayala and C.A. Campbell, Frequency-dependent selection, Annu. Rev. Ecol. Syst. 5 (1974), pp. 115–138.
8 R. Olendorf, H.F. Rodd, D. Punzalan, A.E. Houde, C. Hurt, D.N. Reznick and K. Hughes, Frequency dependent survival in natural guppy populations, Nature 441 (2006), pp. 633–636. View Record in Scopus | Cited By in Scopus (47)
9 C. Darwin, On the Origin of Species by Means of Natural Selection or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life. Reprinted 1964, Harvard University Press, Cambridge, MA (1859).
10 J.A. Allen, Frequency-dependent selection by predators, Philos. Trans. R. Soc. Lond. B 319 (1988), pp. 485–503. View Record in Scopus | Cited By in Scopus (92)
11 L. Tinbergen, The natural control of insects on pinewoods. I. Factors influencing the intensity of predation by songbirds, Arch. Neerlandaises. Zool. 13 (1960), pp. 265–343.
12 J.A. Endler, Natural selection on color pattern in Poecilia reticulata, Evolution 34 (1980), pp. 76–91.
13 J.A. Endler and A. Houde, Geographic variation in female preferences for male traits in Poecilia reticulata, Evolution 49 (1995), pp. 456–468. View Record in Scopus | Cited By in Scopus (284)
14 R. Brooks, Variation in mate choice within guppy populations: population divergence, multiple ornaments, and maintenance of polymorphism, Genetica 116 (2002), pp. 343–358. View Record in Scopus | Cited By in Scopus (37)
15 D.I. Bolnick, Can intraspecific competition drive disruptive selection? An experimental test in natural populations of sticklebacks, Evolution 58 (2003), pp. 608–618.
16 M. Slatkin, Frequency- and density-dependent selection on a quantitative character, Genetics 93 (1979), pp. 755–771. View Record in Scopus | Cited By in Scopus (38)
17 D. Schluter, The Ecology of Adaptive Radiation, Oxford University Press, Oxford (2000).
18 H.J. Alexander and F. Breden, Sexual isolation and extreme morphological divergence in the Cumaná guppy: a possible case of incipient speciation, J. Evol. Biol. 17 (2004), pp. 1238–1254. View Record in Scopus | Cited By in Scopus (24)
19 U. Dieckmann, M. Doebeli, J.A.J. Metz and D. Tautz, Adaptive Speciation, Cambridge University Press, Cambridge (2004).
20 S. Merilaita, Frequency-dependent predation and the maintenance of prey polymorphism, J. Evol. Biol. 46 (2006), pp. 1–9.

Institute of Cell and Molecular Biology,
Uppsala University, Biomedical Center,
Box 596, S-751 24 Uppsala, Sweden.


Mit freundlichen Grüßen
franzpeter
zuletzt bearbeitet 30.07.2015 22:31 | nach oben springen
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#2

RE: Frequenzabhängige Selektion:

in Artikel 18.03.2013 10:24
von franzpeter | 17.401 Beiträge

Hallo.
Ich werde von der neuesten Forschung nur die Einleitung und die Schlußdiskussion brlngen.
Die Modelle und die Durchführungen kann man aus dem englischen Original ersehen.

Die Evolution der frequenzabhängigen Partnerwahl:
Festhalten an überkommenen Trends
Hanna Kokko, Michael D. Jennions und Anne Houde
Laboratory of Ecological and Evolutionary Dynamics, Department of Biological and Environmental Science,
University of Helsinki, POBox65(Viikinkaari1), 00014 Helsinki, Finland

Die Vielfalt der von Weibchen bevorzugten Geschlechtsmerkmale, seltsamerweise, umschließt auch Präferenzen für Männchen mit seltenen oder neuartige Phänotypen.
Wir modellierten die Evolution einer Vorliebe für Seltenheit, was zwei
überraschende Ergebnisse zeitigte.
Zuerst, ein Fischers 'bester Nachkommen "-Effekt kann die weiblichen Vorlieben deutlich über die von dem Mutations-Selektions Gleichgewicht vorhergesagte Frequenz steigern,
auch wenn dies zu einer großen Mortalität bei den Weibchen führt.

Die Präferenzen erreichen keine Fixierung, aber, da sie abhängig von der frequenzabhängigen Selektion sind: Wenn
wählerische Weibchen Weibchen zu häufig sind, dann werden seltene Genotypen in einer Generation zu häufig, und damit unattraktiv in der nächsten Generation.
Dennoch, auch bei relativ niedrigen Frequenzen erhalten die Präferenzen den Polymorphismus bei männlichen Merkmalen.
Das zweite unerwartetes Ergebnis ist, dass die Präferenzen auch zu viel höheren
Frequenzen ansteigen können, wenn die Wahl behindert ist, so dass die Weibchen nicht immer ihre Vorlieben ausprägen können.
Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit eines Feedbacks, bei dem die Präferenzen die Dynamik der männlichen Genotypen bestimmen und umgekehrt.
Sie verdeutlichen auch die Ähnlichkeit zwischen der Beliebigkeit der Verhaltensnormen
bei den Modellen der sozialen Evolution mit Bestrafung (das so genannte "Folk Theorem ') und der Vielfalt der geschlechtlichen Merkmale, die bevorzugt angewandt, zu von der Norm abweichenden unattraktivem Nachwuchs führen kann, und in diesem Sinne, "bestraft" wird.

Diskussion

Unser Modell, in welchem wir die Evolution weiblicher Präferenzen für seltene männliche Phänotype
nachstellen, führt zu zwei Ergebnissen.
Zuerst, wenn die Weibchen eine aufwendige Paarungs-Frequenz für seltene Männchen voll ausprägen, wird die Frequenz sich zunächst ausbreiten oder zurückgehen, bis sie von der frequenzabhängigen Selektion aufgehalten wird.
Obwohl das Frequenz-Gleichgewicht weiblicher Präferenzen nicht hoch ist, ist es ausreichend, um einen festen Polymorphismus der männlichen Merkmale zu bewahren. Zum zweiten, wenn die Weibchen daran gehindert werden ihre Präferenz auszuprägen, können weit höhere Frequenzen auftreten und eine Fixation (Festsetzung, Fixierung) erreichen.
Keines von beiden Ergebnissen war ein sofort offensichtliches und voraussagbares Ergebnis des Modells, daher werden wir beide nacheinander betrachten, bevor wir zu einigen allgemeinen Schlüssen kommen.

(a) Warum ist eine indirekte Selektion der Paarungs-Präferenz frequenzabhängig?Warum werden ungewöhnliche ausgeprägte Paarungs-Präferenzen ausgewählt und gewöhnliche nicht?
Wenn die Präferenz übermäßig häufig ist, verursacht sie, dass ein seltener Männchen-Phänotyp in der nächsten Generation der allgemein übliche wird. Daher werden wählerische Weibchen öfter Söhne mit
allgemeinen Phänotypen hervorbringen.
Dies führt Präferenz-Allele in evolutionäre Nichtbeachtung da die Söhne wählerischer Weibchen
stark selektiert werden:
Sie werden nur von sich wahllos paarenden Weibchen akzeptiert, welche selbst in der Minderheit sind. Diese frequenzabhängige Selektion macht es höchst unwahrscheinlich, dass eine Paarungs-Präferenz für Seltenheit jemals eine Fixation erreicht.
Andererseits, wenn die Paarungs-Präferenz selten ist, kann sie sich durch indirekter Selektion ausbreiten, aufgrund der Effekte der Söhne (Parker 2006).
Männchen mit seltenen Phänotypen haben einen Paarungsvorteil, der indirekt wählerischen Weibchen zugute kommt, solange diese Wahl nicht allgemein üblich wird, das bedeutet, dass der höhere Paarungserfolg seltener Männchen stark genug wird, und ihr Nachwuchs häufig und unattraktiv wird.
Die Präferenz für ein Merkmal, das so exotisch wie eine Rarität wird, kann sich daher anfangs ausbreiten, bis es einen beträchtlichen Anteil der weiblichen Population erreicht.

Diese Erklärung erleuchtet die allgemeine Bedeutung einer Feedback-Schleife, bei der die weiblichen Präferenzen die Dynamik der männlichen Genotype beeinflussen und umgekehrt (Lehmann et al. 2007).
Schließlich wird eine Paarungs-Präferenz auf Seltenheit erhalten durch negative, indirekte frequenzabhängige Selektion, aufgrund der ausreichenden Zahl von wählerischen Weibchen, deren Söhne mit seltenen Phänotypen sexy sind, die aber nicht so zahlreich sind, dass der seltene Männchen Phänotyp zur Regel wird.
Im Gleichgewicht kommen alle männlichen Phänotype durchschnittlich gleich oft vor. Streng genommen erlangen die Weibchen bei einem solchen Gleichgewicht keinen Vorteil durch die Wahl seltener Männchen, aber in einer realen Population geschieht dies selten.
Um zu verstehen, warum Paarungs-Präferenzen dennoch bleiben, muß man nur Fischers analoges Argument bezüglich der gleichen Beteiligung der Geschlechter betrachten. Bei gleicher Beteiligung ist die Fitness von beiden Geschlechtern gleich, wenn ihr Aufwand gleich ist.
In einer großen Population ist es inkonsequent, dass ein Elternteil nur Söhne oder Töchter hervorbringt, und sobald die Produktion eines der Geschlechter überhand nimmt, zahlt es sich aus, dass andere Geschlecht zu produzieren.
Ähnlich wird jede Abweichung von der genau gleichen Produktion eines jeden Männchentyps- was in jeder Generation einer begrenzten Population vorkommen wird – bedeuten, dass einige Phänotype seltener sind als andere.
Weibchen mit Paarungs-Präferenzen für Seltenheiten erhalten dann einen indirekten Vorteil durch die Produktion gutaussehender Söhne.
Diese indirekte Selektion ist typischerweise stärker, wenn es mehr Männchentypen gibt, da der potentielle Vorteil der Paarung mit seltenen Männchen größer ist.
Wenn zum Beispiel k=3 ist, muß der seltenste Männchentyp, der alle Paarungen mit wählerischen Weibchen erringt, weniger als 33% der Population betragen; wenn k=5 ist, sinkt er auf weniger als 20% herab.
Mit anderen Worten, ein seltener Typ von weniger als 20% der Population ist sexier als ein seltener Typ von weniger als 33% der Population, da weniger Männchen sich mit wählerischen Weibchen paaren.
Obwohl viele Fischer Modelle mit dem „sexy Sohn Effekt“ arbeiten, weil die weiblichen Präferenzen mit einem männlichen Merkmal kovariieren (Ungleichheitsverbindung), ist in unserem Fall die Tatsache, dass das bevorzugte Merkmal kein zeitlich stabiles phänotypisches Merkmal ist, kein Problem. Eine einheitliche Definition des „sexy Sohn Effektes“ (Kokko et al. 2006) erfordert nur, dass eine indirekte Selektion aufgrund einer statistischen Verbindung der weiblichen Präferenz mit der Attraktivität ihrer Söhne auftritt.
In unserem Kontext tritt diese Verbindung auf, weil hier die Präferenzen beim Nachwuchs ausreichend selten sind.
Wie bei den Modellen von kulturell übertragenen Fischer Paarungsvorteilen (Ihara et.al. 2003; McNamara et al. 2003) gleicht die statistische Assoziation nicht notwendigerweise die Ungleichheitsverbindung klassischer Fischer Modelle aus (e.g. Lande 1981).

Es ist erwähnenswert, dass trotz erlittener Nachteile die Paarungs-Präferenzen gut über dem Level gehalten werden, den die Mutations- Balance vorhersagt.
Bei klassischen Fischer Modellen resultiert eine zusätzliche Sterblichkeit von 1% für wählerische Weibchen (c=0,01), wenn diese kombiniert mit der Wahl dezimierender Variation bei dem bevorzugten männlichen Merkmal sind, mit dem Verlust der Präferenz (Lande 1981; Pomiankowski et al. 1991).
Im Gegensatz dazu, wenn eine Paarungs-Präferenz für Seltenheit vorliegt, kann die frequenzabhängige Selektion bei Männchen dem relativ hohen direkten Aufwand der Wahl entgegen arbeiten, weil das bevorzugte Merkmal nie eine Fixierung erreicht, die sogleich dieses Wahlverhalten für Seltenheit in der Population durch indirekte Vorteile beibehält.
Obschon das Verhältnis der wählerischen Weibchen in unseren Modellen gewöhnlich sehr niedrig war, hatte ihre bloße Existenz den größeren evolutionären Effekt auf die Beibehaltung des männlichen Merkmals- Polymorphismus.

b) Warum bestehen aufwendige Präferenzen bei höheren Frequenzen fort, wenn die Paarungschance berhindert wird?

Wenn Weibchen bei ihren Paarungs Präferenzen behindert werden, möchte man voraussagen,
dass wählerisches Verhalten eine niedrigere Gleichgewichtsfrequenz erreicht als das voll ausgeprägte Verhalten.
Die Logik hinter dieser Feststellung besteht darin, dass die Vorteile der Präferenzen reduziert werden,
während der Aufwand der gleiche bleibt (e.g. Lehmann et al. 2007). Es ist etwas überraschend, dass dies nicht der Fall ist, wenn Weibchen eine Präferenz für Seltenheit besitzen.
Stattdessen finden wir das genaue Gegenteil: eine höhere Frequenz aufwendiger Präferenzen bleibt bestehen, wenn die Weibchen sich weniger oft mit ihren bevorzugten Typen paaren, so dass wir sogar vermuten, dass der Aufwand der Präferenz ohne Rücksicht auf das Ergebnis der Paarung bleibt.
Dies wiederum stellt eine Beziehung zwischen dem Paarungsverhalten der Weibchen und der Dynamik des männlichen Typs her.
Der „sexy Sohn“-Effekt wird jedes Mal ausgeschaltet, wenn ein seltener Phänotyp die Seltenheit verliert, und dies geschieht weniger oft, wenn einige Weibchen ihre Präferenzen nicht ausüben: dann dauert es länger bis der seltene Phänotyp seine Seltenheit verliert.
Es gibt viele Szenarios, in denen die Begrenzungen weiblicher Wahl ernsthaft die Evolution der Präferenzen erschweren (e.g. Greenfield & Rodriguez 2004; Björklund 2006).
Indem wir ein Gegenbeispiel schaffen, in dem eine ungenau ausgeführte Präferenz viel leichter entsteht als die voll ausgeführte Präferenz, betont unser Modell, dass die ungenaue Ausführung
Ein zweischneidiges Schwert sein kann.
Der erwartete Vorteil wird offensichtlich vermindert, wenn die Weibchen sich nicht immer mit ihrem bevorzugten Typ paaren, aber andererseits hält dies mehr Variation männlicher Merkmale aufrecht.
Unsere Arbeit zeigt, dass es nicht gleichgültig ist festzustellen, wo die Balance dieser beiden Faktoren liegt, da dies von Fall zu Fall verschieden sein kann.

c)Kann man daraus allgemeine Grundsätze herleiten?
Unser Modell betrachtet eine sehr spezielle Art von Präferenz, und es ist instruktiv sie mit dem
Kontrapunkt (Gegenteil) zu vergleichen: eher Präferenzen für gewöhnliche Genotypen als für seltene Typen. McLain (2005) zeigte, dass die Präferenz für gewöhnliche Genotypen sich ausbreiten kann, wenn dieser gewöhnliche Genotyp auf aktuelle Fitness hinweist.
In McLains Modell (2005) korreliert Häufigkeit mit zukünftiger Lebensfähigkeit, aber sie ist zunächst unabhängig von Attraktivität.
Auf den ersten Blick ist es überraschend dass sowohl die Präferenz für Seltenheit als auch die für Gewöhnlichkeit entstehen kann, aber dies bezieht sich einfach auf die Tatsache, dass der „sexy Sohn“-Effekt einfach jedes Merkmal begünstigt, was momentan bevorzugt ist. Der einzige fundamentale Unterschied zwischen Präferenzen, welche nicht indirekten und indirekte Lebensfähigkeitsvorteile vergleichen, bestaeht darin, dass erstere leichter auftritt (Kokko et al. 2002):
Sie benötigen keine bereits existierenden weiblichen Präferenzen, um die selbstverstärkende Präferenz-Evolution anzuschieben.
Präferenzen die nur den Paarungsvorteil in Bezug auf den Nachwuchs vergleichen, müssen einen Schwellenwert überschreiten, bevor sie sich ausbreiten (Pomiankowski et al. 1991), daher vermutet man, dass sie in freier Natur weniger oft beobachtet werden können.
Es besteht eine interessante Parallele zu dem Volks-Theorem ( so genannt, weil kein Entdecker bekannt ist) in der Spieltheorie, deren Anwendbarkeit auf die Arbeiten von sozialem Verhalten und der Evolution der Bestrafung kürzlich hervorgehoben wurde (Boyd 2006). Sie stellt fest, dass jede Verhaltensregel stabil sein kann, wenn Individuen existieren, die einen Verstoß gegen diese Regel bestrafen.
Wenn wir nun „Verhaltensregel“ durch „männlichen Phänotyp“ und „Bestrafung“ durch „Paarungs-Präferenz“ ersetzen, und „bestraft werden“ durch „Hervorbringen von erfolglosen Nachkommen“, können wir Paarungswahl als eine Situation umdeuten, in der Männchen weibchenbestimmten
Regeln unterworfen sind, indem sie die Art der Phänotype ausprägen müssen.
Das Volks-Theorem besagt, dass es eine nahezu unendliche Variation von sinnlosen Ettiketten in menschlichen Gesellschaften entstehen können, diese geeignet kontrolliert werden können.
Wenn man dies weiß, ist es leichter zu verstehen, wie eine derartige verblüffende Diversität weiblicher Präferenzen entstehen konnte.
Letztlich bleibt die Frage übrig, warum einige Paarungs-Präferenzen, wie die für Seltenheit oder Gewöhnlichkeit, wie bei einigen kulturellen Regeln, sehr viel weniger oft als andere auftauchen?
Eine Antwort darauf ist, wie oben angeführt, dass „sensible“ Präferenzen, welche Lebensfähigkeits-Vorteile bringen, leichter auftauchen als andere. Eine andere Antwort besteht darin, dass die Auslöschungsraten von Spezies zum Teil auf dem Populationslevel von adaptiven (angepassten) Präferenzen des Levels des (Einzel) Individuums beruhen ( e. g. Kokko & Brooks 2003; Rankin & Lopez-Sepulcre 2005; Dieckmann & Metz 2006; Rankin et al. In press).
Zum Beispiel beim Mosquito-Fisch, Gambusia holbrooki, führte das Anwachsen der Frequenz eines seltenen, melanistischen Männchentyps zu einer erhöhten Sterblichkeit der Weibchen und in einer reduzierten zeitlichen Variation in der Anzahl der Weibchen (Horth & Travis 2002).
Eine Paarungs-Präferenz für seltene, melanistische Männchen dieser Spezies würde daher Auswirkungen sowohl auf die Populationsdichte als auch auf die Stabilität haben.


Mit freundlichen Grüßen
franzpeter
zuletzt bearbeitet 18.03.2013 10:24 | nach oben springen
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