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Blue Glass

in Artikel 14.03.2013 22:20
von franzpeter | 17.403 Beiträge

Blue Glass

von Ömer Serif Gülmez
Guppy.de


Der Guppy-Stamm mit dem Trivialnamen "Blue Glass" existiert in Japan schon seit einiger Zeit und beginnt nun langsam auch in Europa bekannter zu werden. Da nun schon einige Züchter diesen Stamm in Deutschland besitzen, wird es Zeit einen etwas genaueren Blick auf die Geschichte und Genetik dieses Stammes zu werfen.
Ich denke daß die meisten Züchter in Deutschland bereits eine genaue Vorstellung vom äußeren Erscheinungsbild dieses Guppys haben. Auch auf dem Cover des Guppybriefes 2/98 finden wir ein Exemplar dieses Stammes.

Der Blue Glass ist im Vergleich zu vielen anderen Guppy-Stämmen ein echter Blickfang und somit auch ein wahrer "Verkaufsschlager". Schon des öfteren habe ich Pärchen oder Trios dieser Variante an interessierte Züchter verkauft. Bereits kurze Zeit nach dein Kauf (wenn die ersten Jungen Farbe zeigen) melden sich die Züchter bei mir und stellen zumeist dieselben Fragen: "Waren die Fische wirklich reinerbig ?", "Warum fallen denn da rote Tiere mit raus ?" oder "Wieso sind denn plötzlich Tiere mit der Grundfarbe Blau dabei ?".

Ich möchte ungern die Telefonrechnung meines Gegenübers in die höhe treiben, verzichte zumeist auf langwierige Erklärungen und beschwichtige ihn damit, daß alles schon seine Richtigkeit hat und nunmal so sein muß. Ich einer Kurzversion versuche ich dem Züchter zu erklären, daß er auf rote Tiere (und auch Grundfarben
blaue) angewiesen ist, wenn er erfolgreich mit diesem Stamm weiterarbeiten möchte. Sobald ich aber versuche diese Tatsache genetisch zu begründen, ist mein Gegenüber möglicherweise bereits eingeschlafen oder nicht mehr so aufnahmefähig wie vorher. Ich kann das gut verstehen, denn mir geht es oft genauso. Anhand von Kreuzungsschemata, die ich ganz langsam vorgezeichnet bekomme, bin ich eher in der Lage den genetischen Hintergrund zu begreifen. Das ganze sollte zudem nicht allzu in die tiefe gehen. Die meisten Guppyzüchter sind eher visuell orientiert und bei Diskussionen um den Guppy verständigen sich die meisten Züchter ja sowieso mit populärwissenschaftlichem Vokabular. Ein Guppyzüchter muß kein Wissenschaftler sein, schließlich geht es in erster Linie um das Hobby.

Ich möchte nun die Fragen dieser Züchter aufgreifen und versuchen die Erklärungen relativ einfach zu halten.

Wenn wir uns mit dem Blue Glass beschäftigen, kommen wir um den r-Faktor nicht herum. Der "normale" (graue) Guppy besitzt die Merkmale RR. Der Grund warum
das R zweimal vorkommt ist, da er das eine vom Vater bekommt und das andere von der Mutter.
Die Initiale R steht für die Farbe Rot und kommt vom englischen Begriff Red.
Während der Großbuchstabe R für Dominant steht, bezeichnet der Kleinbuchstabe das Rezessive. Der r - Faktor beim Guppy steht also für die Funktion von "nicht Ausprägung von Rot". Was bedeutet das ?

Nun, im Falle das unser Guppy RR in sich trägt, wird er die schönsten Farben zeigen und natürlich auch die Farbe Rot ausbilden können. Sowohl Wildguppys als auch die meisten Hochzuchten auf die wir treffen, sind in der Mehrzahl RR-Tiere. Und was passiert wenn ein Elternteil den r-Faktor ins Spiel bringt ? Wie sehen dann diese Rr-Tiere aus ? In diesem Fall wird das Rot unterdrückt und die blatte Farbe
kommt zum Vorschein.
Und wenn nun ein Tier von beiden Eltern den r-Faktor bekommt (also ein rr-Tier entsteht) ? Dann haben wir es mit einem Tier der Grundfarbe Blau zu tun. Das diese Tiere nur wenig Farben ausbilden können, ist ja allgemein bekannt.

Wie kam der Blue Glass zu seinem rFaktor ?
In den 80er Jahren wurden der rFaktor durch einen halbschwarz / blauen Guppy (in Japan NeonTuxedo genannt) aus Singapur eingefiihrt. Die Japaner kreuzten diese Tiere mit ihren Weibchen die ein feines "Glass-Muster" zeigten (es hätten auch Mosaik-Weibchen sein können) und erhielten einen Fisch der dem heutigen Blue Glass schon recht ähnlich sah.


Der Blue Glass wurde weiter hochgezüchtet, bzw. die Musterung und die blaue Färbung wurden intensiviert.

Nehmen wir also an, daß Sie ein Pärchen Blue Glass erworben haben. Wie werden wohl die Nachkommen dieses Paares aussehen ?
Das Blue Glass Männchen ist auf jeden Fall ein Rr-Tier. Bei dein Weibchen kann man nicht sicher sein. Es könnte ja ein RR oder ein Rr sein.
Und genau dies ist auch der Grund warum bei Viren Kreuzungen immer nur 50 % eines Wurfes Blue Glass - Tiere sind.
Schauen Sie sich folgende Kreuzungsschemata an. Sie kommen nicht über 50 % Blue Glass in einem Wurf.




"Wenn nicht mindestens 80 erreicht werden, kann man ja wohl kaum von Reinerbigkeit sprechen", sagen da die meisten Züchter. So funktioniert das aber nunmal mit dem r-Faktor. Der r-Faktor liegt nicht auf den Geschlechtschromosomen, sondern auf den Autosomen. Folglich




Nun wird verständlich warum Sie die Red Glass und die Weibchen der Grundfarbe Blau benötigen, wenn Sie zu besseren Ergebnissen kommen möchten. Die so unscheinbar aussehenden blauen Weibchen sind also doch ganz nützlich. Kreuzen Sie ruhig einmal auch andere Männchen (z. B. Snakeskin, Moskau-Snakeskin / Filigran, Rot / Mosaic, etc.) mit den blauen Weibchen. Die Ergebnisse sind recht ansehnlich !

Bei der erfolgreichen Zucht von Blue Glass darf man also den genetischen Hintergrund nie vergessen. Normalerweise wachsen die Blue Glass Tiere (Rr) ohne Probleme heran, wie ihre roten Geschwister (RR). Sollte aber doch eine Krankheit im Becken auftreten, sind die Blue Glass eher anfällig und gefährdet. Wie kann ich nun auf lange Sicht meinen Blue Glass-Stamm erhalten ?

Ich persönlich denke, daß es sinnvoll ist die RR-Männchen, rr-Männchen
und rr-Weibchen aus dem Becken zu entfernen (trotz der Ergebnisse von
Tabelle 3).
Was würde passieren wenn ich RRPärchen und Rr-Pärchen in gleicher Anzahl, im selben Becken halten möchte ? Rein statistisch gesehen ist in der F, folgendes Ergebnis zu erwarten

RR : Rr : rr 9 : 6 : 1

Die Zahl der roten Tiere nimmt also zu.
Und wenn wir nun jeweils RR-, Rrund rr-Pärchen in der gleichen Anzahl, im selben Becken halten würden ?
Die F, läßt folgendes erwarten:

RR :Rr:rr=9:18:9
(oder auch 1 : 2 : 1 ).
Die Hälfte der Tiere sind also Blue Glass.

"Das ist ja wunderbar", werden Sie möglicherweise sagen. Aber wie bereits erwähnt ist die Vitalität der RR-, Rr- und rr-Tiere recht unterschiedlich. Die Erfahrung zeigt, daß die roten RR-Tiere an Zahl zunehmen.
Die Selektion (bzw. die Beseitigung der unerwünschten Tiere) muß also ständig durchgefiilut werden (Sie können ja auch einen Red Glass -
Stamm parallel aufbauen).

Ein Typischer Blue Glass
Einige Tips zur Auswahl der Zuchttiere:
Achten Sie bei der Wahl der Blue Glass - Männchen auf eine feine Punktierung. Diese sollte auch in der Rückenflosse erkennbar sein. Männchen mit einem metallischen Glanz (fast Silber) sind die besseren.
Die Weibchen sollten viel Blau in der Rücken- und Schwanzflosse zeigen. Fehlfarben (meist Gelb) im Schwanzflossenansatz, müssen ausgesondert werden.
Versuchen Sie mit der Zeit, auch die RR-Weibchen von den Rr-Weibchen zu unterscheiden. Das ist nicht einfach, aber mit einem scharfen Auge und ein bißchen Erfahrung dürfte Ihnen das gelingen.
Sprechen Sie auch die Züchter an, die bereits einige Kreuzungen mit Blue Glass durchgeführt haben. Auch Blue Glass - Stämme können von Züchter zu Züchter variieren und haben unterschiedliche Herkunft.


Mit freundlichen Grüßen
franzpeter
zuletzt bearbeitet 30.07.2015 22:50 | nach oben springen
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