Zusammenfassung:
Der Besitz eines zusätzlichen Y-Chromosoms bei Wirbeltiermännchen wird verdächtigt,
irreguläres Sozialverhalten zu begünstigen. Da bei Säugetieren brauchbare Y-chromosomale
Markierungsgene fehlen, können XYY-Männchen phänotypisch nicht erkannt werden.
Beim Guppy sind jedoch Supergen-Komplexe bekannt, die über das Y-Chromosom
vererbt werden. Das sind Kopplungsgruppen von Genen, die sowohl für die Geschlechtsbestimmung
und Sexualfärbung als auch für die Aktivitäts- und Strategiemuster des geschlechtlichen
und agonistischen Verhaltens verantwortlich sind und in einem solchen Y-chromosomalen
Komplex vereinigt sind. Ein alter Aquarium-Stamm des Guppys, Maculatus (Ma),
bringt gelegentlich phänotypische Ausnahme-Weibchen des Genotyps XY hervor, die
durch das Y-gebundene kodominante Gen Maculatus (Ma) erkannt werden, das für einen
dunklen Fleck auf der Dorsalflosse verantwortlich ist. Wenn man diese XY-Ausnahmeweibchen
mit normalen XY-Männchen, bei denen das Y-Chromosom durch ein
kodominantes Farbgen entsprechend markiert ist, kreuzt, können YY-Männchen phänotypisch
identifiziert und der Einfluß eines zusätzlichen Y-Chromosoms auf die sozialen
Aktivitäten kann durch Vergleich mit den normalen XY-Brüdern, die nur ein Y-Chromosom
des entsprechenden Stammes tragen, erkannt werden. Die Balzaktivität war bei den
YY-Männchen aus 5 Linien von insgesamt 7 Linien erhöht, während die agonistische Aktivität
der YY-Männchen, die durch die Anzahl der ausgeteilten und erhaltenen Angriffe
von einem standardisierten männlichen Opponenten bestimmt worden war, nur bei den verbliebenen
2 Linien erhöht waren, die keine Veränderung der Balzaktivität gezeigt hatten.